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Rede zum Volkstrauertag am 16. November 2014 von Helmut Falkenberg

  
Auf Flanderns Feldern blüht der Mohn zwischen den Kreuzen,
Reihe um Reihe die unseren Platz markieren.
Und oben am Himmel fliegen die Lerchen noch immer tapfer singend.
Hier unten zwischen den Kanonen, kaum gehört.
Wir sind die Toten, vor wenigen Tagen noch lebten wir, fühlten den Morgen und sahen den glühenden Sonnenuntergang.
Liebten und wurden geliebt und nun liegen wir, auf Flanderns Feldern.

Das schrieb John Mc.Crae 1915 auf dem Schlachtfeld in der Nähe von Ypern.
Er war Schriftsteller und Mediziner, verrichtete seinen Dienst hier als Sanitäter und verlor gerade seinen besten Freund.
Dieses Gedicht war dessen Grabesrede.
Sehen Sie es vor Augen? Soweit das Auge reicht, liegen sie da, die roten, blutroten Mohnfelder Flanderns, Blutgetränkt der Boden, überall geschundene Körper, Elend, Verzweiflung, keine Hoffnung, Tod!

Wie in jedem Jahr am Volkstrauertag stehen wir hier und möchten einen Moment innehalten.

Guten Morgen meine Damen und Herren,
Das soeben gehörte hinterlässt glaube ich in jedem ein beklemmendes Gefühl, es lässt uns nachdenklich und traurig werden. Trauern , trauern wir wirklich noch?
Einige ältere von uns gewiss, die jüngeren haben die Gnade der späteren Geburt.
Natürlich wird noch getrauert, aber Trauer lässt sich nicht staatlich verordnen, sie ist ein persönliches Gefühl.
Rituale jedoch, gemeinsame, bringen zum Ausdruck, dass niemand mit seiner Trauer alleine sein muss.
Wichtig für uns ist, die Toten nicht einfach zu vergessen.
Die Menschen die in den zwei Weltkriegen starben, wurden Opfer einer barbarischen Zeit.
Der Volkstrauertag erinnert uns an eine Aufgabe die sie uns hinterlassen haben, damit Ihr Tod nicht sinnlos war.
Sie mahnen uns, uns für eine Welt einzusetzen, in der Frieden Freiheit und Gerechtigkeit herrscht. Am Volkstrauertag gedenken wir den Menschen, die durch Krieg, Gewalt und Terror auf der Welt, ihr Leben verloren haben. Die gefallenen Soldaten und den vielen zivilen Opfern der beiden Weltkriege gelten unsere Erinnerungen. Gedenken wir all jener Personen die hier vor Ort und im Ort ihr Leben ließen, Mitbewohner und auch jener die vor den Toren Wanlos im Gefangenenlager darbten und starben.
Viele hatten gehofft, dass 55 Millionen Menschenleben, die alleine im 2. Weltkrieg ausgelöscht wurden, genug für alle Zeiten sind.
Doch seit 1945 sind in über 200 Kriegen und Bürgerkriegen weitere Millionen von Toten zu beklagen.
Die Felder Flanderns liegen heute woanders, in Syrien, in den Krisengebieten des nahen Ostens, in Afrika und noch näher, in der Ukraine.
Gedenken wir deshalb auch unseren Soldatinnen und Soldaten, die in vielen Krisengebieten ihren Dienst für uns verrichten, von denen viele traumatisiert zurückkehren, wenn sie denn zurückkehren.
All dies lehrt und zeigt uns: Die Welt ist alles andere als friedlich.
Hier stelle ich die Frage ob uns die Geschichte etwas lehrt, lehrt sie uns aus den Fehlern zu lernen? Eher nicht ! Ich glaube Kopf und Bauch steuert die heutige Menschheit, dem Neandertaler näher als dem Menschheitstraum vom Garten Eden. Die vereinten Nationen haben jüngst Zahlen veröffentlicht, nach denen aktuell Weltweit 45 Millionen Menschen als Flüchtlinge leben, und damit so viele wie Mitte der 1990er Jahre, als der Bürgerkrieg in Ruanda und der Krieg in Ex Yugoslavien Millionen von Menschen, auch mitten in Europa in die Flucht trieben. Das Fernsehen bringt uns Bilder des Krieges tagtäglich nach Hause ins Wohnzimmer. Wir selber können die Bilder einfach wegschalten, aber die Menschen vor Ort leider nicht, sie sind Mitten im Horror. Viele von ihnen fliehen vor der Gewalt und begeben sich in eine ungewisse Zukunft.
Vergessen wir hier unsere eigene Vergangenheit?
Ich glaube viele von uns erinnern sich noch an die Schrecken der Flucht, als ihre Familien 1945 aus ihrer Heimat vertrieben wurden. Auch sie sind Opfer des Krieges geworden, auch sie mussten in eine ungewisse Zukunft aufbrechen. Die Flüchtlinge, die zur Zeit zu uns kommen, diese Menschen Sind nicht zwingend das Problem, das Problem sind die schrecklichen Verhältnisse, aus denen sie fliehen. Man beobachtet leider verstärkt und mit großer Sorge, dass an den Grundfesten unserer solidarischen Gesellschaft immer mehr gerüttelt wird.
Frieden ist ja nicht die Abwesenheit von Krieg.
Frieden beginnt mit der Mitmenschlichkeit und Solidarität in der Gesellschaft, mit der Beseitigung sozialer Ungerechtigkeiten, auch im eigenen Land. Aktiver Einsatz von uns Bürgern ist dafür notwendig, ja unabdingbar! Ohne die vielen kleinen Schritte vor unserer Türe, wird es im großen nicht gelingen, auch nicht in Wanlo. Lasst uns mehr in uns gehen und uns der Konsequenzen unseres Handelns klar erkennen und handeln dementsprechend verantwortungsbewusster. Lassen sie uns zusammenstehen für ein Gemeinwesen in der der stärkere dem schwächeren beisteht indem Verständnis und Rücksichtnahme Vorrang haben, vor Ober- flächlichkeit und Egoismus, indem wir den jungen Leuten eine Zukunft geben und den älteren mit Respekt begegnen.
Nur lebendige Werte wie Solidarität und Fürsorge erhalten den Frieden. Lasst uns nun nach Hause gehen, mit dem Bild vor unseren Augen dass wir alles daran setzen dass dieses Bild keine Zukunft haben darf:

""Die blutroten Mohnfelder Flanderns""

 
 

 
 

 
 


DORFINTERESSENGEMEINSCHAFT WANLO e.V.
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